Tim Burton muss nur Geduld haben. In 20 jährigen Zyklen wird sein skurril melancholisches Außenseiter-Kino im Gothic-Chic nachgefragt.
Seine Filme sind morbide, schrullig, intelligent, nerdig… Stoff um sich klar vom Mainstream abzugrenzen.
Kaum jemand verarbeitet “sich nicht verstanden fühlen” besser in seiner Kunst.
Und so schafft Burton es immer wieder auch bei Teenagern erfolgreich zu sein. Zuletzt mit der Netflix Serie Wednesday, die Jenny Ortega zum Star machte.
Endlich wieder Kino. Das Sommerloch war dieses Jahr tiefer denn je. Erst sechs Mal saßen wir dieses Jahr vor der großen Leinwand. Kung Fu Panda 4, Alles steht Kopf 2, The Fall Guy, Sterben, Furiosa - A Mad Max Saga und “The Beast”, über den ich kurz im letzten Brief aus Frankfurt geschrieben hatte. Richtig gut war davon nur “Sterben”.
20 Uhr, Vor-Premiere, Originalversion im Thalia/Hollywood, unserem Lieblingskino. Genau im richtigen Maß runtergekommen, trotz Cineplex Zugehörigkeit - kein “Ketten-Gefühl” (niemand bekommt uns mehr in ein Cinestar), gutes Popcorn zu angemessenen Preisen, gewohntes Personal. Sitze, Bild, Ton… alles gut!
Wir überlegen uns schon jetzt wie wir mit Kind unsere Cineplex-Plus Stufe 4 halten können…
Im Saal sitzen ungefähr 30 Menschen. Amerikaner, Deutsche, überwiegend Paare.
Der Film ist kurz also darf die Werbung heute (gefühlt) etwas länger sein. Aber Kino-Werbung ist anders…
Unter den ersten Spots ist ein aktueller der Telekom. Gegen Hass im Netz und die Verbreitung von Falschinformationen. Sich entzündende Molotov-Cocktails als Sinnbild für die unkontrollierte Verbreitung. Wirklich gut!
Danach kommen Filmtrailer:
Joker 2 (wird gut werden)
Gladiator 2 (schon der Trailer zeigt, dass das in die Hose geht…zu viel stumpfe Action)
Venom 3 (Tom Hardy finanziert sich seine nächsten drei Klein-Projekte)
Wicked (für mich uninteressant)
A Complete Unknown (Bob Dylan Biopc - für mich der spannendste Film der nächsten Monate)
Der Buchspazierer (könnte auch ein ARD-Fernsehfilm sein)
Hagen - im Tal der Nibelungen (sieht nach einer deutschen “Groß-Produktion” aus, Hauptdarsteller wirkt im Trailer nicht glaubwürdig…nur ein Gefühl)
Auf welchen Film freust du dich?
Jetzt natürlich noch die obligatorisch, größtmöglichen Bilder um Stil-Eis zu verkaufen…sinnlich abbeißen…knack…mhhhhhm.
Los geht’s!
Die Opening Credits laufen, wir sehen eine amerikanische Kleinstadt kurz vor Halloween. Ein Todesfall bringt die entfremdete Familie Deetz zurück zum alten Familiensitz, der eingehüllt in Tücher auf einem Hügel thront.
Dann öffnet die Tochter ungewollt den Zugang zum Totenreich, was Betelgeuse (ich habe mich nicht verschrieben) auf eine Rückkehr in die “Lebendigkeit” hoffen lässt…
Wer sich langsam entfaltende, aufwendige Handlungs-Stränge erwartet ist bei “Beetlejuice Beetlejuice” falsch. Es wird so vieles angerissen, dass man dem Film vorwerfen könnte, er fühle sich an wie ein langer, schön anzusehender, Trailer.
Am deutlichsten wird das bei “Monica Bellucci’s Rolle. Es wirkt als hätte Burton einfach Lust gehabt Bellucci auf interessante Weise zu inszenieren.
Schön anzusehen, für die Geschichte irrelevant.
Aber warum lohnt sich der Film?
Es sind die Welt, die egozentrischen Figuren, die schrägen Einfälle, die Musik, die Melancholie, der Humor und die “Augenzwinkernde Unangemessenheit”
Der Film führt sich an wie eine 90-Minuten Geisterbahn-Attraktion. Nie langweilig, immer unterhaltsam. Das tut gut, macht Spaß und ist richtig dosiert.
Da setzt sich die Gegenspielerin mithilfe eines Tackers und den Kopfstimmen der “Bee Gees”, selbst zusammen, treffen sich wartende “Hai-Attacken-Opfer” im Einreise-Bereich der Totenwelt oder wird der stumm eingeschüchterte Schrumpfkopf “Bob” mitleiderregend verhört.
Während ich zuschaue, möchte ich gerne wieder Teenager sein, und fühle gleichzeitig diesen Hauch Traurigkeit darüber, dass es nie mehr dazu kommen wird.
Und macht das nicht Tim Burton aus?
Ein fast Siebzigjähriger der schrullige Filme für seltsame Teenager macht, die aber schon lange keine mehr sind?
Ich gehe gut gelaunt, habe gelacht, mich gefreut Jenny Ortega und Willem Dafoe zu sehen und fühle mich verbunden mit meinem inneren “Weirdo”, der sich danach sehnt Menschen zu treffen, die ihn verstehen, aber trotzdem genau da bleibt wo er ist.
Drinnen! AWKWARD
Der Film ist unterhaltsam und kurz! Und das ist angenehm.
Kein “in die Länge ziehen”, kein künstlich “die Spannung halten”.
Geht mal wieder ins Kino! Habt Spaß, fühlt euch jung!
Betelgeuse, Betelgeuse… Betelgeuse!
Bis zum nächsten Mal!
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