Es ist Montag, 15:00 Uhr und das hier
ist ein Brief von mir an dich.
Danke fürs Öffnen und Lesen.
Felix
etwas aus…
meiner Kamera
Aufgenommen am Montag, 03.12.2018 15:14 Uhr , San Francisco
Ich vermisse das Fotografieren. Damals hatte ich eine kleine Alpha 6300, nichts besonderes, kleiner Sensor…aber trotzdem habe ich mehr in Bildern gedacht, habe mehr geschaut, war mehr im Moment. Meine FX3, die ich seit fast 3 Jahren ausschließlich nutze, gibt mir dieses Gefühl nicht, auch weil sie keinen Sucher hat und nur widerwillig Fotos macht…
dem Film
Wer sich auf der Prime-Video Startseite durch die Masse an Actionfilmen, Thrillern und Sportdokumentationen gräbt, findet etwas mit Substanz. In der Sparte „Nur noch kurz verfügbar“ war da gestern auf einmal „The Look of Silence“. Wie sein Vorgänger „The Act of Killing“ (2023) wurde der von der Kritik gefeiert, für den Oscar als bester Dokumentarfilm nominiert und von Werner Herzog Co-produziert.
Der Film behandelt (wie der Vorgänger) den indonesischen Massenmord, bei denen zwischen 1964-1965 zwischen 500.000 und 1,2 Millionen Millionen Menschen auf brutale Art und Weise getötet wurden. „Kommunisten“ , „Ungläubige“ und viele andere, die nicht der religiösen und westlich-politischen Ideologie der Regierung entsprachen. Besonders dabei ist die Beteiligung und Unterstützung westlicher Großmächte wie den USA und Großbritannien…(Stichwort: VIETNAM, wo etwas ganz ähnliches passierte)
„The Look of Silence“ baut dabei auf die Geschichte einer Familie auf, deren Sohn auf brutalste Art und Weise abgeschlachtet wurde. Sein Bruder konfrontiert die Mörder, die sich stolz an ihre Taten erinnern, und die Ereignisse mit begeisterter Theatralik schildern. Eine „Notwendigkeit“ wäre es gewesen, eine Säuberung Ungläubiger. Die Verantwortung wird wahlweise nach oben oder unten abgetreten. Einige wären durch das viele Töten verrückt geworden, sagen zwei Mörder. Sie selbst hätten sich davor bewahrt indem sie das Blut aus den Kehlen der Opfer aufgefangen und getrunken hätten.
Es ist nicht vorstellbar, dass es Orte auf dieser Welt gibt in denen ein solcher Völkermord zur heutigen Realität gehört. Wo Täter, Helden sind. Wo weder Schuld noch Reue sind.
Bitte überwindet euch zu diesem Film (kostenlos auf Prime).
In einen Abgrund der Menschheitsgeschichte schauen und dann näher zusammenrücken. Kritisch und skeptisch, gegenüber jeder Ideologie.
meinem Tagebuch
Vom 08.09.2023 08:54 Uhr Freitag
Heute morgen hatte ich wieder etwas Probleme mein „Warum?“ zu finden. Gerade das Aufstehen (habe es dann gegen zehn nach 7 geschafft) ist schwierig manchmal. Dann gehe ich nach vorne und weiß dass es leise ist, dass niemand sich für meine Sachen interessiert, bla bla bla, das ist dann dieses dumme Selbstmitleid. Dann fange ich an mein Wasser zu trinken, bringe Müll raus, meditiere…und dann wird’s besser.
den Kopfhörern
Gestern wurde Deutschland Basketball Weltmeister (während Hansi Flick entlassen wurde). In der Halle in Manila lief ein Song, den ich mag und den ich lange nicht gehört hatte. Ich dachte es wäre „The Police“, was nicht stimmte. Aber während ich die Greatest Hits durch die kleine Bluetooth-Box laufen ließ , dachte ich ständig: „So hat sich mal MAINSTREAM angehört“… diese Dynamik, Tempowechsel und Komplexität ohne dabei die Melodie zu vernachlässigen. Einer meiner liebsten von The Police ist „Message in a Bottle“.
mir
Ich lese gerade eine Sammlung aus Schlingensief-Interviews. Der so vielfältige Künstler, den viele häufig nur als Provokateur wahrgenommen haben, ist schon seit dreizehn Jahren tot, aber das was er gesagt und bearbeitet hat, könnte nicht aktueller sein. Wir als Gesellschaft werden korrekter, trauen uns immer weniger, lassen Mainstream-Abweichungen nur mühsam zu. Deshalb staut sich da viel im Innern der Leute an. Die bekommen ihren Scheiss einfach nicht mehr raus aus ihrem System und da wächst es dann und verhilft Protestparteien zu Höhenflügen, weil WÄHLEN anonym ist. Ich stelle mir selbst oft die Frage warum ich mich nicht mehr selbst provoziere, den eigenen Selbstzweifel nicht als Treibstoff nutze um Dinge anders zu machen…kompromisslos. WIE VIEL REIZ BRINGT MEIN LEBEN NOCH? Alles bleibt in sicheren Bahnen. Das lasse ich so stehen, weil ich sowieso keine Antwort habe. Vielleicht einfach weiter Schlingensief lesen…während ich schön bequem irgendwo hocke und sich nichts verändert.
Nächsten Montag: Gleicher Ort, gleiche Zeit.
Wenn du möchtest antworte mir auf diesen Brief.
hochachtungsvoll
dein Felix